Heute habe ich etwas ganz Besonderes für euch! In meinem Beitrag „Experiment Solarfärben – Die Kraft der Natur“ hatte ich ja bereits angesprochen, dass ich „Crossover-Projekte“ überaus spannend finde und nicht zuletzt deswegen Solarfärben liebe. Hierbei kann ich zwei Hobbies miteinander verbinden und Neues erschaffen. Aber nicht nur beim Färben von Garn sollte man über seinen eigenen Tellerrand hinausschauen und die verschiedenen Welten ein wenig mehr zusammenbringen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie wir alle unser liebstes Hobbie mit anderen Gebieten verknüpfen und letztendlich dadurch bereichern können.
Ich freue mich, dass ich die liebe Anna dafür gewinnen konnte, uns bei unseren verkrampften Schultern, angespannten Nacken und schweren Armen zu helfen. Handarbeit ist anstrengend und wir alle wissen, dass die unterschiedlichen Techniken unseren Körper belasten können. Annas Kernthema ist „Rückengesundheit“ und ich habe sie gebeten, uns Handarbeiter:innen gezielt Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir die typischen Beschwerden lindern können. Dafür habe ich ihr erklärt, wie Stricknadeln gehalten werden, wie anstrengend schweres Garn sein kann und wie viele Stunden man den Kopf gesenkt hält. Als kleinen Special habe ich sie außerdem gebeten, den Handfärber:innen ebenfalls ein paar Tricks aufzuzeigen, wie sie ihren harten Job etwas rückenschonender gestalten können. Es ist großartig, dass sie die Herausforderung angenommen und einen Gastbeitrag für uns geschrieben hat.
Der Artikel erklärt zuerst, wo genau die Probleme entstehen und weswegen wir oft unter Schmerzen und Verspannungen leiden. Im Anschluss hat Anna uns 17 Tipps zur Lockerung der Muskulatur, spezielle Fingerübungen und Anregungen bzgl. der Arbeitspositionen genannt.
Genug des Vorwortes, hiermit überlasse ich ihr das Wort und bedanke mich herzlichst in unser aller Namen für diese Arbeit!
„17 Spezialtipps – Wie Du während und nach der Handarbeit entspannst“
Respekt, wieviel Ausdauer und Geduld so manche beim Stricken und Häkeln aufbringen können. Das gleicht so manchem Marathon. Und das immer wieder aufs Neue. Doch im Unterschied zum Sportler bewegst Du Dich bei der typischen Handarbeit kaum.
In diesem Artikel möchte ich auf die Herausforderungen beim Häkeln und Stricken aufmerksam machen. Ich zeige Dir aber auch Wege auf, wie Du Dich zwischendurch lockern und langfristig vor Verspannungen schützen kannst.
Körperliche Herausforderungen bei der Handarbeit
1.) Langes Sitzen in einer Position
Meistens sitzt du beim Stricken und Häkeln und das nicht unbedingt ergonomisch gesund, über viele Stunden. Deine Augen sind höchst konzentriert. Dieses lange Verharren in einer Position macht jedem Körper mächtig zu schaffen. Manche Muskeln werden dadurch überhaupt nicht beansprucht und andere überlastet. Es entstehen Dysbalancen (Ungleichgewicht der Muskulatur), welche du früher oder später in Form von Verspannungen und Schmerzen wahrnimmst.
2.) Angehobene Arme und gesenkter Kopf
Jedem Menschen, der lange am Schreibtisch sitzt, wird empfohlen die Unterarme aufzulegen. Doch wie wäre das beim Häkeln und Stricken? Aufgestützte Arme sind keine praktikable Position für Handarbeit und so hältst du deine Arme oft stundenlang in der Luft. Zudem schaut der Kopf dauerhaft nach unten. Das ist körperlich betrachtet ähnlich den Kids, welche stundenlang auf dem Handy spielen. Sowohl die gehobene Armhaltung, als auch der gesenkte Kopf sorgen für eine Überlastung in deinem Nacken. Gerade Ungeübte müssen hier schnell aufgeben und Erholungspausen beim Stricken oder Häkeln einlegen.
3.) Gebeugte Position über Färbetopf
Endlich mal nicht Sitzen! Juchuuuh. Das ist die gute Nachricht, wenn wir uns die körperliche Situation beim Garnfärben ansehen. Aber: Du stehst gebeugt über den riesigen Färbetöpfen mit ausgestreckten Armen und hast ganz schön viel Gewicht mit dem nassen Garn zu bewältigen. Und wieder sind es der Nacken und die Schultern, welche extrem belastet werden. Je nachdem wie stark dein Rücken ist und wie oft du Garn färbst, wirst du auch bei dieser Arbeit mit Muskelkater und Verspannungen „belohnt“. Wobei der reine Muskelkater nicht als Problem angesehen werden muss. Dazu später mehr.
4.) Verkürzte und überlastete Muskeln
Die Muskeln an der Körpervorderseite sind wichtig für die Muskeln an der Körperrückseite und werden gebraucht, damit die Rücken und Nackenmuskeln gut arbeiten können. Somit sorgen die verkürzten Muskeln vorn für eine noch schnellere Überlastung der Muskulatur hinten.
Unsere Hände sind es gewohnt, sich jeden Tag zu bewegen. Sie waschen Geschirr, schreiben an der Tastatur oder räumen Dinge hin und her. Doch bei der Handarbeit leisten sie mehr. Unsere Hand besteht in sich aus einer Vielzahl von Muskeln, Sehnen und Gelenken. Genauso wie an den Knien oder der Hüfte können sie bei zu hoher Beanspruchung überlasten. Und das passiert beim Stricken und Häkeln gern.
Die Positionen der Finger sind ungewöhnlich und der Ungeübte handwerkelt mit zu hohem Krafteinsatz und verkrampft die Hände. Die Hände und Finger brauchen Training, um dem eingangs erwähnten Marathon bewältigen zu können. Wer läuft schon ohne Training einen Marathon! Und ausdauerndes Stricken und Häkeln ist vergleichbar mit einem Hand-Marathon.
Lockerungsübungen für Zwischendurch
Der starken Beanspruchungen in den Händen, den Armen und dem Nacken kannst du mit kleinen Lockerungsübungen zwischendurch entgegenwirken. Diese lassen sich immer wieder zwischendurch einbauen. Egal ob frischer Anfänger oder nicht, kleine Lockerungsübungen empfehle ich dir wenigstens 1x pro Stunde innerhalb deines Handarbeits-Marathons. Du wirst spüren, wie gut dir das tun wird.
Spezielle Übungen für die Hände und Finger
Tipp 1: Lege die Stricknadeln für einen Moment bei Seite, stehe auf und lass die Arme locker nach unten hängen. Strecke nun die Arme gerade nach vorne und lasse die Hände und die Finger locker hängen. Die Handinnenflächen sind dabei nach unten gerichtet. Führe nun die Hände und Arme bis hoch über den Kopf.
Im Anschluss senkst du die Arme langsam nach vorn. Wieder führen die Handgelenke den Weg an. Die Hände selbst sind auf dem Weg nach unten nach oben angewinkelt. Sind die Arme wieder unten, lasse die Hände locker. Wiederhole das drei Mal.
Tipp 2: Als zweite Übung nimmst du die Hände vor den Körper. Strecke alle Finger aus. Die Handflächen zeigen nach vorn. Balle beide Hände zu einer Faust. Greife richtig fest und zähle bis drei. Lasse dann die Kraft schlagartig los, so dass sich die Finger wieder lösen. Wiederhole auch das drei Mal.
Tipp 3: In der dritten Übung lässt Du Deine Finger „rollen“. Halte dabei die Hände vor dem Körper und stütze die Ellbogen dabei auf. Spreize alle Finger auf. Dann rollen die Finger beginnend vom kleinen Finger an zusammen bis die Hand eine Faust bildet. Vergiss beim Einrollen den Daumen nicht. Öffne die Hand zügig wieder und beginne von vorn. Wiederhole diese Übung drei bis fünf Mal.
Entspannung für Schulter und Nacken
Tipp 4: Lege deine Handarbeitsgegenstände kurz zur Seite und stehe auf. Greife deine Hände hinter dem Rücken und ziehe die Arme hinter dir nach unten. Gleichzeitig schiebst du die Brust etwas nach vorn und hebst das Kinn an. Lass dann die Anspannung wieder raus. Wiederhole die Übung wenigstens drei Mal.
Tipp 5: Bei dieser Übung kannst du die Beine entweder ca. einen Meter breit auseinander stellen oder überkreuzen (s. Bild). Je nachdem, wie es für dich angenehmer ist. Führe einen Arm über die Seite nach oben und dann über dich hinweg. Beuge dich also mit dem Arm auf die Gegenseite. Schaue mit der Nase dabei seitlich über deine Schulter nach unten. Wiederhole diese Übung auf jeder Seite wenigstens zwei Mal.
Tipp 6: Zu guter Letzt empfehle ich dir, dich ausgestreckt auf den Boden zu legen. Umso härter der Untergrund, desto wirkungsvoller. Strecke die Beine und Arme aus. Versuche den Nacken auf dem Boden abzulegen.
Strecke die Arme nun zur Seite aus, beuge die Knie und stelle die Füße flach auf den Boden. Knie und Füße berühren sich dabei. Kippe beide Knie auf die rechte Seite bis auf den Boden. Die Hüfte hebt sich dabei ab. Versuche die Schultern unten zu lassen. Drehe den Kopf entgegengesetzt. Wiederhole das ebenfalls auf beiden Seiten zwei Mal.
Wie Du Verspannungen vermeiden kannst
Langfristig reichen die Lockerungsübungen jedoch nicht aus. Du brauchst mehr, um deinen Körper für Deinen Handarbeits-Marathon zu trainieren. Dazu gehören diese Aspekte:
1.) Tiefenmuskulatur stärken
Tipp 7: Die Tiefenmuskulatur macht deinen Rücken und den Nacken belastungsfähiger. Du wirst weniger schnell überlasten und kannst so Verspannungen vermeiden. Die Tiefenmuskultur trainierst Du über Balanceübungen, zum Beispiel durch das Stehen auf einem Bein.
2.) Verkürzte Muskeln dehnen
Verkürzte Muskeln wie der Brustmuskel und der Bauch, aber auch der Hüftbeuger wollen langgezogen werden. Wie ein verkümmertes Gummiband können sie ohne Stretching ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Schmerzen und Dysbalancen nehmen immer weiter zu.
Tipp 8: Lege dich beispielsweise auf den Bauch und stütze mit den Armen deinen Oberkörper nach oben. Hebe zudem noch das Kinn an und verweile da einige Atemzüge.
3.) Arbeitsposition verändern
Tipp 9: Überlege einmal ob du deine Arbeitsposition regelmäßig verändern kannst. Vielleicht kannst du deine Sitzgelegenheit variieren. Mal sitzt du auf der Couch, mal am Küchentisch. Lege mal die Beine nach oben. Lehne mal den Kopf an. Probiere auch aus, auf einem Sitzball zu häkeln und zu stricken oder im auch liegen. Nicht dauerhaft, immer nur mal zwischen durch. Auch eine Ablage für die Arme ist empfehlenswert.
Man nennt dieses Konzept „Mobiles Sitzen“. Damit vermeidest du erheblich aufkommende Verspannungen.
4.) Dysbalancen (Ungleichgewicht der Muskulatur) ausgleichen
Tipp 10: Suche dir einen sanften Sport, welchen du regelmäßig ausübst, um die verkürzten Muskeln aktiv zu dehnen und die schwachen Muskeln zu stärken. Das Pilates dafür perfekt ist, muss ich als Pilatescoach an dieser Stelle erwähnen. Aber auch Yoga, Klettern und Inlineskating helfen dir Dysbalancen auszugleichen.
4.) Hände stärken
Ein besonderer Fokus liegt auf deinen Händen. Stärke sie, in dem du beispielsweise einen Softball knetest.
Tipp 11: Mein heißer Tipp für dich sind Planks. Bei einem Plank nimmst du eine Liegestützposition ein. Keine Sorge, du musst keine Liegestütze machen, nur in dieser Position verweilen. Das trainiert deine Handgelenke und gleichzeitig deinen Rumpf und ist somit die perfekte Übung für dich. Vielen der angesprochenen Probleme begegnest du mit Planks: Bauchmuskeln und Brustmuskeln stärken, Arme und Handgelenke stärken. Starte mit 3x 15 Sekunden halten. Steigere dich in kleinen Schritten auf 3x 60 Sekunden.
Zusatztipp bei Muskelkater
Vorab sei erwähnt, dass Muskelkater nichts Schlimmes ist und in der Regel nach kurzer Zeit wieder verschwindet. Im Gegensatz zu Verspannungen, welche durchaus langfristig schmerzhaft sind, obwohl keine anstrengende Belastung mehr stattfindet.
Tipp 12: Bei einem Muskelkater empfehle ich, dass du die betroffenen Körperstellen sanft weiterbewegst und dich auf Lockerungsübungen fokussierst. Je nachdem wie stark der Muskelkater ist, gehe mit einer neuen Belastung nicht an die Schmerzgrenze. So lange die Aktivitäten angenehm sind, kannst du sie aber ohne Weiteres ausüben, auch wenn du den Muskelkater spürst.
Den Unterschied zwischen Muskelkater und Verspannung ist gut zu spüren. Während ein Muskelkater auch ohne neue Bewegung ein paar Tage andauern kann, fühlen sich Verspannungen nach unangenehmen Krämpfen an.
Tipp 13: In jedem Fall solltest du viel trinken. Das hilft deinen Muskeln beim Abbau der Stoffwechselprodukte
Zusatztipp Fingerstretching
Tipp 14: Fingerdehnung werden deine Hände lieben. Gönne es dir zwischendurch oder auch zum Ende eines langen Handarbeitstages. Dehne deine Finger in dem du deine Hand flach auf den Tisch legst und die Handgelenke nach oben ziehst. Die Finger bleiben dabei auf dem Tisch liegen.
Tipp 15: Alternativ kannst du auch auf der Tischplatte Fingerspagat üben. Spreize jeweils zwei benachbarte Finger auf dem Tisch aus und schiebe sie ins Spagat. Die Finger werden dabei kaum komplett im Spagat ankommen, doch darum geht es auch nicht. Vergiß den Daumen nicht.
Zusatztipps fürs Garnfärben
Für das Arbeiten an den Färbetöpfen brauchst du starke Bauch- und Rückenmuskeln. Diese bilden den Gegenspieler zu der Kraft die du nach vorn über die Arme aufbringen wirst.
Der Pilates-Teaser
Ich empfehle dir daher ein regelmäßiges Rücken- und Bauchtraining.
Tipp 16: Zu Hause kannst du beispielsweise den Pilates-Teaser durchführen. Lege dich dafür auf den Rücken und strecke Arme und Beine aus. Nun hebst Du zuerst den Kopf und die Arme vom Boden an und danach gleichzeitig den Oberkörper und die Beine.
Wahlweise kannst du die Knie dabei beugen oder gestreckt lassen. Einmal oben angekommen, senke Oberkörper und Beine wieder ab, bis du auf dem Boden liegst. Wiederhole diese Übung zu Beginn drei bis fünf Mal, später auf fünf bis 7 Mal.
Arbeitsposition prüfen
Tipp 17: In vielen Fällen kannst du die Arbeitshöhe für das Arbeiten an den Färbetöpfen optimieren. Orientiere dich dabei an der idealen Höhe einer Küchenarbeitsplatte. Diese liegt auf der Höhe deines Ellbogens vom Boden aus, wenn dieser angewinkelt am Körper liegt – abzüglich 15 cm.
Fazit
Du kannst ganz viel für dich tun. So dass du mit Spaß und Freude noch viele Handarbeits-Marathons absolvieren kannst, um schöne und beeindruckende Ergebnisse zu schaffen.
Über mich
Ich bin Anna, gebürtige Leipzigerin, aufgewachsen in Erfurt und seit Mitte der 2000er lebend im Ruhrgebiet. Meine Mission ist es, für Frauen die mitten im Leben stehen, die einen verantwortungsvollen und anstrengenden Alltag haben und bereits spüren, wie die Belastung an ihnen nagt, Stärkung für den Körper und eine Energieaufladestation zu schaffen, damit sie mit Freude und Energie noch viel erreichen und meistern können.
Ich bin ein ausgesprochener Unterstützer der Naturheilkräfte und liebe die kleinen Freuden des Alltags. Nähen, Stricken und Handarbeit habe ich nie selbst gelernt, finde aber die Ergebnisse immer wieder bemerkenswert.
Mit Stefanie habe ich mich über die körperlichen Herausforderungen bei der Handarbeit ausgetauscht und dass das Thema Verspannungen beim Werkeln nicht unerheblich ist.
Umso mehr freue ich mich, wenn ich Euch Tipps geben kann. Damit ihr viele weitere Handarbeitsprojekte schmerzfrei angehen könnt.
Magst du mehr über mich, über Pilates oder das Verspannungen lösen erfahren, dann besuche mich gern auf: http://www.annamariabreil.de/„
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Paul Richter
3. März 2022 — 23:59
Vielen Dank für den interessanter Artikel! Toller Blog.
Anna-Maria Breil
8. August 2021 — 16:44
Danke Stefanie für die tolle Zusammenarbeit. Lasst mich wissen, wie ihr Handarbeiter:innen mit diesen Tipps zurecht kommt. Welche funktionieren Dich besonders gut? Denn ich wünsche Euch unendlich viel Spaß beim Maschen verdrehen. Liebe Grüße Anna
Woll.Verine
8. August 2021 — 20:12
Sehr gerne! Es hat wirklich Spaß gemacht 🙂
Ich bin schon fleißig dabei, meine Finger zu dehnen und probiere alles aus.
Viele Grüße
Steffi