Wir sind uns wohl alle einig: Handarbeit ist einer der schönsten Dinge der Welt! Es ist ein wundervoll kreatives Hobbie, bereitet viel Freude und ist zudem sehr nützlich! Es hält den Geist gesund, man hat immer ein passendes Geschenk und kann Dinge für den Alltag zaubern. Packt man zwei Handarbeiter in einen Raum, kommen sie irgendwann auf ihr Hobbie zu sprechen, tauschen sich aus, fachsimpeln, geben Tipps zu Techniken oder tauschen ihre Dealer der zauberhaften Stoffe oder Garne aus. Wir lieben es alle!
Fakt ist aber auch, dass es ein einnehmendes Hobbie ist und – im Gegensatz zu den meisten anderen – dem Umfeld einiges abverlangen kann. Freunde und Verwandte sehen einen nur mit Strick- oder Häkelnadeln in der Hand, bekommen die Timeline mit Bildern der neusten Arbeiten, Zwischenstände oder Neuzugängen an Stoffballen oder Garnknäueln zugespamt, man treibt sich auf Wollfesten rum oder nervt den Partner bei der Farbauswahl für den neuen Pullover und dem Ausmessen des eigenen Körpers. Last but not least sieht die eigene Wohnung an vielen Ecken einfach unordentlich aus. Unterm Bett sind meine GarnkisteN, ich habe einen Bastelschrank im Schlafzimmer, im Wohnzimmer liegen meine aktuellen Projekte, die beim putzen einfach von den einen auf den anderen Ort gepackt werden, meine Schneiderpuppe trägt voller Stolz ein Tuch, einen Schal und einen Seelenwärmer, der Wollwickler steht dauerhaft in der Küche, wobei er vielleicht alle 6-7 Wochen zum Einsatz kommt. In den Schubladen liegen Nadeln verstreut, im Auto findet meine bessere Hälfte regelmäßig Maschenmarkierer und wie kommen die dahin? Weil er mich überall hinfahren darf und ich derweilen natürlich stricke. Das alles in einer 69qm Stadtwohnung und auch das Auto ist ein relativ überschaubarer Ort.
Vor Kurzem fiel mir auf, dass wir über unser Hobbie mit Schäfer:innen sprechen, mit Handfärber:innen und Herstellern. Wer ein wenig sucht, stößt auf viele Gesprächsrunden, Erfahrungsberichten und alle sind sich im Grunde einig, dass Handarbeit toll ist. Aber wer fragt die, die damit leben müssen? Mit unseren Maschenmarkierern in den Sofaritzen, den Garnknäueln, die einem beim Schranköffnen auf den Kopf fallen? Sie akzeptieren, tolerieren, meckern vielleicht, aber geben sich irgendwie dann doch geschlagen. Als mir dieser Gedanke kam und mir auffiel, wie sehr mein Partner mein Hobbie akzeptieren muss, wollte ich ihm den Raum geben und NOCH ein wenig mehr mit dem Thema nerven. Nicht nur, dass er das Garn überall sieht, er hat sich sogar bereit erklärt, mit mir darüber zu reden. Wenn er sich darüber nicht gefreut hat, weiß ich aber auch nicht!
Um dem Ganzen einen professionellen Touch zu geben, habe ich mir die Fragen vorher grob als Leitfaden überlegt und unser Gespräch mit dem Handy aufgezeichnet. So blieb der Gesprächsfluss bestehen und im Anschluss habe ich die Antworten einfach niedergeschrieben. Natürlich ist das Ganze als kleiner Spaß zu sehen, der vielleicht dem ein oder anderen ein wenig bekannt vorkommt und während der aktuell doch eher anstrengenden Zeit ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Aber lange Rede, nun geht es los!
Adam! Vielen Dank, dass du den Spaß mitmachst. Etwas aufgeregt?
- Nein, muss ich?
Hmmm… ich denke nicht. Um die ganze Situation etwas aufzulockern bitte ich dich, das erste Wort zu nennen, das dir zu den folgenden Begriffen einfällt.
Wolle – Schaf
Stricknadel – Spitz
Bobbel – Bunt
Wollwickler – Laut
Maschenprobe – Chaos
und Frickelcast – Podcast
Kannst du dich noch an die Zeit erinnern, als ich nicht gestrickt habe? Und wünschst du dir diese Zeit ab und zu zurück? So, ganz im Geheimen?
- Ein Bisschen… Die Wohnung war jedenfalls ordentlicher.
Hättest du jemals gedacht, dass ich dir mal Socken stricken würde und die sogar zu einem festen Bestandteil deines Stils werden?
- Niemals, nein. Absolut nicht.
Okay… das war deutlich… Wahrscheinlich wäre dir auch nie in den Sinn gekommen, dass du mal ein Interview zum Thema „Handarbeit“ geben würdest, oder?
- Das erst recht nicht.
Zugegeben, du hast schon einiges mitgemacht. Dieser Blog heißt nicht umsonst „Verdrehte Masche“ und keiner weiß besser als du, wie schwierig die Anfänge waren. Wenn du jetzt auf die letzten 5 Jahre zurückblickst, hast du eine Veränderung festgestellt? Du darfst auch gerne etwas schleimen!
- Auf jeden Fall. Von Küchentücher und komisch aussehenden Plüschtieren bis hin zu dem Minion, Socken und Pullover. Du hast dazu gelernt. Das fällt selbst mir auf.
Du hast mich schon auf das ein oder andere Wollfest begleitet, diversen Podcasts KANNST du nicht entfliehen, selbst Interviews mit Schäfern hast du live verfolgt, du kennst einige Handarbeiter sogar mit ihrem Nickname und kannst sie zuordnen, womit du quasi „im Game“ bist. Hin und wieder bist du ganz verzückt, über die Infos die du erhältst. Was beeindruckt dich am meisten?
- Schwierig. Wenn ich darüber nachdenke, fallen mir vor allem die gut organisierten Wollfeste ein. Um ehrlich zu sein hatte ich vermutet, dass es mehr nach Trödelmarkt und „Ramsch“ aussehen würde. Ich hatte unordentliche und unmoderne Stände erwartet und vor allem niemals mit Kreditkartenzahlung oder PayPal gerechnet! Die ganze Community ist fortschrittlicher und moderner, als ich es jemals erwartet hätte. Podcasts, YouTube und wie viele Menschen Wolle färben und sich dabei kreativ verwirklichen… schon nicht schlecht.
Hättest du sowas der Handarbeits-Community zugetraut?
- Nein, zum einen hätte ich niemals gedacht, dass die Community so groß ist und zum anderen, dass es dann auch noch solche Dimensionen annimmt. Ich dachte, es würde sich alles in den guten alten Foren abspielen, dort würde man Bilder austauschen und auch die User.. irgendwie hatte ich da mit was anderem gerechnet, irgendwie…
Alten Frauen?
- Ja… ich hatte tatsächlich eher mit einer älteren Generation gerechnet und war erstaunt, dass es doch so in der breiten Masse angekommen ist und ich habe nicht gedacht, dass dort Alt und Jung sich so aktiv vernetzen und von einander lernen können.
Mittlerweile hast du einen nicht ganz so kleinen Vorrat an Socken und Schals. Merkst du überhaupt einen Unterschied, welche Garne ich verwende? Dabei meine ich ausschließlich die Qualität und nicht die Farben.
- Ähm, ich könnte jetzt keinen Unterschied zwischen deinen Garnen benennen. Ich glaube, du hast Merino oder sowas… aber ich merke bei manchen Socken schon, dass sie weicher sind und andere deutlich robuster und drahtiger.
Was findest du an den handgefärbten Garnen schön oder eher schlecht?
- Also, was ich schön finde ist, dass sie sehr individuell und einzigartig sind. Man merkt, dass es keine Massenware ist. Was war das andere?
Was findest du schlecht?
- Da hab ich nichts.
Ok, es handelt sich hierbei natürlich um ein sorgsam ausgearbeites Interview und ich habe mir einige Kniffs der Großen abgucken. Daher bitte ich dich kurz tief in dein Inneres zu horchen und mir und dem Leser mitzuteilen, ob du dich eher als Walliser Schwarznasenschaf oder Corriedale Schaf siehst?
- Was?
Ob du eher ein Walliser Schwarznasenschaf oder Corriedale Schaf bist. Möchtest du Fotos sehen?
- Ja, bitte.
(Fotos gezeigt)
- Ok, definitiv das Nasenschaf!
Warum?
- Es sieht flauschig aus und ich mag den Kontrast der Farben.
Ok, die Frage war etwas gemein. Zurück zum Thema… In diesem Blogbeitrag geht es um dich und jeder weiß, dass du mit Handarbeiten nichts zu tun hast und eure einzige Schnittstelle dein geliebtes Weibchen ist. Daher kannst du wirklich offen und ehrlich antworten: Wenn du zwei Dinge nennen müsstest, die dich an Handarbeiten nerven, welche wären es?
- Was mich am meisten nervt, ist die Menge an Projekten. Wie oft ich mich schon fast auf eine Nadel in der Couchritze gesetzt habe, der ganze Klimbim überall, es ist der Wahnsinn! Und definitiv der Wollvorrat! Gefühlt hast du mehr unverarbeitete Wolle, als ich Anziehsachen und sie ist überall! Unterm Bett, in den Schubladen, im Gefrierfach, einfach überall!!!
…und wenn du drei Dinge nennen müsstest, die dir gefallen, welche wären das?
- Ich mag die Resultate, die daraus entstehen und ich profitiere ja davon. Wenn ich mal etwas Spezielles möchte und einem Outfit etwas fehlt weiß ich, dass ich auf dich zukommen kann und wenn es machbar ist, du etwas für mich strickst. Das ist schon ziemlich cool! Und das Dritte… puh… naja, es kostet mich nichts. Und ich finde es schön, dass es dir Spaß macht. Das ist das Wichtigste.
Ok, also unterm Strich findest du mehr positive als negative Aspekte. Du weißt, dass ich dir das ewig vorhalten werde?
- Ja…
Sehr schön. Aber jetzt mal im Ernst, wenn du den anderen Partnern, deren Stimme du ja gerade bist, etwas mit auf den Weg geben würdest, was wäre das? Bedenke, du sprichst für die Partner rund um die Welt!
- Öhm, Widerstand ist zwecklos? Glaubt mir, ich habe es versucht. Und letztlich… lasst euch einfach darauf ein und profitiert davon! Die Ergebnisse sind toll, verhindern könnt ihr es eh nicht und wenn dabei Socken oder Schals für euch rausspringen, ist es doch in Ordnung. Ich freue mich, selbst wenn ich oft meckere, dass du das Hobbie hast. Vor allem, weil ich dadurch einige coole Sachen bekommen habe. Klingt vielleicht ein wenig egoistisch, aber naja.
Sehr schön! Hast du vielleicht eine Frage an mich?
- Warum machen wir das Interview?
Für den Blog!
- Okay…
Wir sind jetzt aber am Ende angekommen und ich würde sagen, wir verabschieden uns beim Leser, oder?
- Ja, bitte.
Tschüssi! 🙂
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Antje Lang
1. November 2024 — 17:46
Hallo liebe Steffi, ich lese jeden deiner Beiträge mit viel Vergnügen und sammle sie.
Dieser Beitrag hat mich besonders angesprochen, da bei uns zu Hause eine ähnliche Situation herrscht. Dein Mann scheint meinem ziemlich ähnlich zu sein abgesehen vom Alter – wir befinden uns beide in den siebzigern. Aber die Situation gleicht sich doch sehr. Mein Mann fährt mich überall hin – Wollgeschäfte, Messen, Märkte – mal mit mehr mal mit weniger Begeisterung, da ich selbst nicht fahre und außerdem im Auto stricken muss…..ggg). Das hat auch den Vorteil dass ich, wenn die Situation in meinen Augen eng wird einfach auf mein Strickzeug schaue und deshalb nicht meckere oder kritisiere. Wir haben für uns herausgefunden, dass es uns beiden meistens besser passt, wenn ich dann alleine losziehe. Fast immer finden wir für ihn ein nettes Cafe in der Nähe, wenn nicht wartet er geduldig im Auto und liest. Das ist für uns beide entspannender.
Ich habe das Glück, zu Hause das Zimmer unseres mittlerweile schon lange erwachsenen Sohnes als mein „Bastel und Strickzimmer belegen zu dürfen. Da gehen wir uns nicht im Weg um und er hat sein eigenes Zimmer für seine Musikinstrumente und das drumherum.
Eigenes Zimmer heißt aber nicht, dass nicht im Wohnzimmer auch eine Menge Wolle liegt. Da ich oft, meistens ;o))) an mehreren Projekten gleichzeitig arbeite – man mag ja auch nicht jeden Tag das gleiche essen – kann er auch dort nicht dem Chaos entkommen. Aber er hat sich ganz gut damit abgefunden, sonst hätte er mir nicht diverse Bastel-Tischchen und Ablagemöglichkeiten geschaffen. Mittlerweile entwirrt er mir auch manchmal die Wolle, wenn es ihn nervt, dass sie öfter runter fällt oder wenn ein Knäul sich nicht gut abwickeln lässt.
Was er nicht gerne macht, ist mir farblicher Entscheidungen abzunehmen. Aber wenn ich mit einem Problem nicht weiter komme, hört er mir geduldig zu und – obwohl er selten weiß wovon ich spreche, hilft es mir meistens das Problem zu lösen.
Ich versuche zwar ständig meinen Wollvorrat abzubauen, das Thema war ja auch schon im Gespräch, aber es kommt halt immer wieder was Neues dazwischen.
So, das wärs für heute – tschüs…..
Woll.Verine
3. November 2024 — 21:45
Guten Abend und ganz ganz lieben Dank für deinen privaten Einblick <3 Es ist immer schön zu lesen, wenn Partner sich so ordnen, dass jeder den Platz hat, den er braucht. Das scheint bei euch in beide Richtungen zu funktionieren und das ist schön zu lesen <3
Kerstin Wünsch
6. Juni 2024 — 17:18
Hallo, nun bin ich schon zum zweiten Mal zu verschiedenen Beiträgen auf Deiner Seite gelandet, das will doch was heißen!
Schon beim ersten Mal (da ging es glaub ich um Ufos) war ich ganz angetan!
Und nun die Sicht des Partners auf dieses schöne Hobby (das Thema hatten wir auch schon mal 🙄)… Sehr witzig und mir wieder voll aus der Seele gesprochen… Obwohl es bei mir glaub ich etwas gemäßigter zugeht. Also ich werde nicht gefahren, ich fahre! Und ich nehme mein Strickzeug nicht überall mit hin… 😉
Es kommt ja auch immer auf das Hobby an, ob es raumgreifend ist. Wenn der Partner zu. B. gern Holzarbeiten macht, braucht man dafür auch viel Platz. Wenn er nur Computerspiele spielt dann eher weniger. Ich freue mich auf Zukünftiges…!
Woll.Verine
9. Juni 2024 — 20:45
Willkommen zurück <3
Ja, das stimmt. Handarbeit nimmt definitiv viel Platz in unserer Wohnung ein, allerdings ist das Meiste zwischenzeitlich unters Bett verschwunden - da sieht er es nicht mehr 😀
Liebe Grüße und -hoffentlich- bis demnächst!
Steffi