Ich möchte meine Anfangszeit nicht künstlich romantisieren und muss zugeben, dass ich stricken gehasst habe. Das mag dich etwas überraschen, aber mit lügen ist keinem geholfen. Nachdem meine Oma mir die Erstausgabe der Strickzeitschrift gekauft und feierlich überreicht hatte, fuhr sie wieder in ihr 150km entferntes Zuhause und ließ mich mit vielen Fragezeichen zurück. Meine Mutter kann nicht stricken, Oma zu weit weg und eine ganz ganz liebe Freundin der Familie war leider mittlerweile zu alt und leicht dement geworden und konnte mir nicht helfen. So blieb mir nur die Zeitschrift und das Internet.
Das erste Quadrat wurde krausrechts gestrickt. Nach einer Woche hatte ich das 10x10cm große Stück in NS 4 fertig und fühlte mich bereit auch die noch folgenden Quadrate anzugehen. Das zweite Quadrat war schon bei Weitem stressiger, hinterließ die ersten feinen Risse im Strickerego und einen leicht nervösen Magen. Es wurde glattrechts gestrickt und bestand somit zur Hälfte aus linken Maschen. Heute kann ich gar nicht mehr genau sagen, wie ich linke Maschen gestrickt habe. Ein halbes Jahr habe ich sie ganz seltsam von hinten-eingestochen-verdreht abgetrickt und hatte solche extrem schmerzende Finger, dass ich immer nach 3 Reihen eine Pause machen musste.
Der ein oder andere Fuchs unter euch wird an der Stelle vielleicht erkannt haben, wie ich auf den Namen meines Blogs gekommen bin. Der Name passt ziemlich gut und beschreibt meine kläglichen Anfänge. Es ging letztendlich bei nahezu jedem Quadrat so weit, dass ich wirklich stinkwütend die Stricksachen in die Ecken pfefferte und absolut verzweifelt mein ganzes Dasein in Frage stellte. Während ich im Internet Dutzende Videos studierte und Foren durchforstete ließ meine Begeisterung von Tag zu Tag nach. Es hat mich wahnsinnig gemacht zu wissen, dass wahrscheinlich EIN geübter Blick eines erfahrenen Strickers reichen würde und mein Problem wäre behoben. Allerdings hatte ich keinen Stricker griffbereit und meine Nachbarin war eines abends etwas pikiert, als ich mit meinem Quadrat vor ihr stand und sie um Hilfe bat. „Nicht jeder alte Mensch würde stricken“ – ok, war ein Versuch wert. Es blieb mir nichts anderes übrig, als es weiter zu versuchen.
Die Natur… ein wunderbares System, eine funktionierende Matrix, die versucht jeden Makel in der ein oder anderen Art und Weise auszugleichen. Einer meiner Makel ist definitiv das logische Denken, weswegen mir beispielsweise Mathematik wahnsinnig schwer fällt. Aber auch in meinem Fall überließ die Natur mich nicht unbewaffnet meinem Schicksal und ihr fiel nichts besseres ein, als mich mit einem Dickschädel zu segnen. Zur Wahrheit gehört, dass ich unausstehlich war. Mich stressten die linken Maschen und die wirklich leichten Zählmuster so sehr, dass ich ein ziemlich nerviger Zeitgenosse war, sobald ich mir die jeweils aktuelle Ausgabe und die Wolle schnappte. Mein Freund verließ dann schleunigst den Gefahrenbereich und das war sicherlich nicht seine dümmste Idee. Aus heutiger Sicht kann ich über mich selber nur schmunzeln und habe schon häufiger versucht, die falschen linken Maschen zu simulieren und andren vorzuführen. Jetzt, wo ich es kann, ist es scheinbar nicht mehr möglich so sehr falsch zu stricken, wie ich es in den Anfängen getan habe.
Brigitt
24. November 2023 — 09:51
Sie haben also nicht nur Hartnäckigkeit sondern ein eganz gehörige Ausdauer. Vom Internet zu lernen ist nicht einfach – aber Sie habe es gewagt. Ich gratuliere Ihnen dazu!