Dem Dickschädel sei Dank hielt ich durch. Nicht bis zur fertigen Patchworkdecke, aber genau so lange, bis ich einen persönlichen Durchbruch im Bereich der linken Maschen verzeichnen konnte und zumindest die absolut grundlagigsten Grundlagen beherrschte. Es stand jedoch ab einem gewissen Punkt fest, dass die Quadrate und ich getrennte Wege gehen mussten, da unsere Beziehung zu vorbelastet war. Im jugendlichen Leichtsinn, wollte ich mich an einem richtigen Kleidungsstück versuchen und stieß in einer Facebookgruppe auf einen Schal, der als KAL gestrickt werden sollte. Mal wieder absolut begeistert und direkt mitgerissen, kaufte ich mir ➥ Sheepjes-Garn (Werbung) in meiner Lieblingsfarbe und legte gleich los.
Noch heute fragt mich ab und zu eine Freundin scherzhaft, was denn aus meinem „Grünen Monster“ geworden ist. Ich muss an dieser Stelle vorweg nehmen, dass der Name nicht ohne Grund vergeben wurde und ich noch heute das Strickstück mit Missachtung strafe. Begeistert vom KAL und durch eine absolute Fehleinschätzung meines Wissensschatzes fing ich an, den Schal zu stricken. Manche Maschen waren größer als andere, manche kleiner, aber grundsätzlich waren die ersten 10 Reihen krausrechts in Ordnung. Auch die schräge Zunahme funktionierte nach einigem nervenaufreibenden Fingerbrechen und ich fühlte mich den Göttern nahezu ebenbürtig. Das nächste Muster schloss sich mit glattrechts an und – Profi wie ich war – liefen die linken Maschen wie geschmiert… Dann wurde es langsam schon etwas schwieriger. Es folgten einfache Lochmuster und Zählen gestaltete sich als schwieriger als zuvor gedacht. Auch Umschläge schienen nicht meine Freunde werden zu wollen.
Irgendwann war es dann soweit und ich verlor meine erste Masche. Das war etwas, worauf mich keiner vorbereitet hat und ich scheinbar selber zuvor gar nicht dran gedacht hatte. Ich war bis zu diesem Zeitpunkt immer so fokussiert und verkrampft, dass ich gar nicht erst Gefahr lief, dass mal eine Masche fallen könnte. Gestresst suchte ich ein passendes Video auf Youtube und rettete das verlorene Sorgenkind. Die ganze Aktion dauerte locker 1,5 Stunden und ich fühlte mich danach als wäre es eine offene OP am Herzen gewesen. Schweißgebadet musste ich duschen gehen und für den Tag das Projekt zur Seite legen. In den folgenden Wochen stellte sich heraus, dass ich keinerlei Ahnung hatte, wie man Strickstücke nachträglich korrigiert oder fallen gelassene Maschen repariert, sobald es sich entweder um eine Randmasche (weiß ich immer noch nicht) oder um eine Masche in einem Muster handelt. Ich musste ganze 2x meinen Schal komplett ribbeln, weil ich mit den gefallenen Maschen nicht umgehen konnte und war Zusehens demotiviert. Dazu kam eine unglaubliche Angst, dass ich ggf. auch nach einem gestrickten Meter den Schal erneut komplett ribbeln müsste. Ab diesem Zeitpunkt strickte ich absolut angestrengt und höchstkonzentriert eine Masche nach der anderen. Nach jedem Nachmittag, den ich gebeugt und fast gebrochen über diesem Projekt saß, musste ich tatsächlich duschen gehen und wenn ich abends doch noch mal angefangen hatte, musste ich danach ebenfalls noch mal schnell ins Bad hüpfen. Ach, was hat meine Freundin mich ausgelacht!