Irgendwann war es soweit und ich befreite mich aus meiner kreativen Selbstillusation. Zwar war ich von Anfang an in Facebookgruppen aktiv und konnte schließlich auch zwei Freundinnen zum mitfrickeln überreden, aber im Grunde blieben viele Amigurimis im Schrank versteckt und die Socken in den Schuhen verborgen. Mehr oder weniger zeitgleich quasselten zwei andere Freundinnen auf mich ein, ich sollte mir einen Instagram-Account zulegen. Eigentlich scheute ich den Gedanken, der Welt meine Werke zu zeigen und eventuell negative Reaktionen zu erhalten. Vielleicht gefällt es niemanden und Freunde und Familie loben einen nur, weil es Familie und Freunde sind? Quasi analog der DSDS-Kandiaten, denen niemand sagt, dass die Jury recht hat und sie wirklich nix können. Irgendwann kam ich zu dem Entschluss, dass ich das nur rausfinden würde, wenn ich es einfach mal wage. Gesagt, getan, mein Instagram-Account wurde geboren und nun hatten auch Freunde einen Einblick in mein Handarbeits-Dasein, vor denen ich es sonst geheim hielt.

Es war erstaunlich. Zuerst fand jeder, dass Stricken und Häkeln irgendwie zu mir passen würde, es aber schon „typisch Steffi“ sei. Es passte in den Augen meiner Familie, Freunde und Kollegen zu meinem Ökoimage, welches mich seit Jahren verfolgt. Durch meinen Schrebergarten, dem selbstgebackenen Brot und eingeweckten Lebensmitteln, war es für die meisten nur folgerichtig, dass ich nun auch das letzte Oma-Klischee erfüllte und mit Spinnrad und Leinenrobe meine eigene Wolle, gleich vom Schaf absponn. Nach einigen Monaten allerdings, nahm ich eine veränderte Sichtweise vieler Mitmenschen wahr, die mich regelmäßig mit Stricksachen sahen oder aber meinen Instagram-Account folgten. Nahezu jeder erzählte mir im Laufe der letzten 2-3 Jahre irgendeine Geschichte aus seiner Kindheit. Es waren durchweg schöne Erinnerungen, wenn man mal von den kratzigen Wollpullovern absieht, die einige Generationen vor uns noch arg quälten. Es waren Erinnerungen, wie z.B. an die leider bereits verstorbene Oma, die immer die ganze Familienbande mit ausreichend Stricksocken versorgte oder aber ein gestricktes/gehäkeltes Kuscheltier, welches einem Nachts im Kampf gegen die Monster unter dem Bett zur Seite stand. Manche erinnerten sich wiederum an eine liebgewonnene Schmusedecke, die längst in Vergessenheit geraten war.

Gestrickte Socke aus handgefärbter Merino Wolle Banane

Ich habe nie danach gefragt, aber fand und finde es aber schön, wenn man mir solche Dinge anvertraut. Es bedeutet nichts anderes, als das mein Hobbie bei anderen schöne Erinnerungen wecken kann, die längst verborgen schienen. Plötzlich vermissen viele die dicken Stricksocken von Oma oder fangen sogar selbst an zu stricken. Persönlich habe ich nie verstanden, wieso Handarbeiten als verstaubt gelten, man aber gleichzeitig rustikale Strickpullis im Laden kauft, die bewusst einen „Handarbeitslook“ ausstrahlen. Ich freue mich allerdings, dass das ganze Thema immer mehr im Kommen ist und ich glaube, ein großen Anteil trägt die positive Energie von Erinnerungen, die davon ausgehen.


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